von Dr. Sophie Domann
Der Titel der Veranstaltung aus der KI-Special Reihe (Zusammenarbeit mit KI – Wie hybride Intelligenz funktionieren kann) ließ Einiges erwarten und die Ergebnisse aus den Fallbeispielen zu studentischen Gruppenarbeiten mit generativen KI-Tools überraschten mich sehr.
Prof. Dr. Siemon sprach direkt vom finnischen Campus zu uns und wurde von Michael Meyer vor Ort begleitet. Dabei ging Michael Meyer zuerst auf die Aufgaben im Bereich Wirtschaftsinformationssysteme ein, um den Kontext des Impulses aufzubauen. Herzustellende Wirtschaftsinformationssysteme haben einen Wert für die Nutzenden und folgen dem MAT- Prinzip (Mensch-Aufgabe-Technik). Prof. Dr. Siemon startete mit einer Einordnung der generativen KI als einfach nutzbare Ressource für den (mittlerweile) alltäglichen Gebrauch in Arbeit, Familie und im Freundeskreis. Gleichzeitig betonte er auch die damit einhergehenden Herausforderungen: kritische Überprüfung der Ergebnisse, Abgleich der Ergebniseinordnung in den eigenen (wissenschaftlichen) Kontext, Umgang mit Stereotypen und Bias/Vernachlässigung der intersektionalen Perspektive. Die Erwartungen stiegen mit der Ergänzung aus verhaltens- und gestaltorientierter Forschung.
Zur Verdeutlichung zeigte Prof. Dr. Siemon, was Kollaboration als Arbeit auf ein gemeinsames Ziel umfasst:
Im Zusammenhang der Arbeit zwischen KI und Menschen treten zwei Phänomene auf:
Die Chance liegt in der Mitte, indem sich die beiden Akteure gegenseitig unterstützen und ihre Stärken ausschöpfen.
Aus den berichteten drei Fallbeispielen möchte ich im Folgenden nur einzelne Ergebnisse hervorheben. So sollten die Studierendengruppen midjourney, ChatGPT und Copilot in allen Phasen der Gruppenarbeit nutzen und einsetzen. Im Vorfeld gab es entsprechende Einführungs- und Schulungsvideos zu generativer KI. Die leitenden Fragestellungen innerhalb der Gruppenarbeitsphasen für Prof. Dr. Siemon waren, ob sich ein Wir-Gefühl im Team aus Studierenden und KI entwickelt, ob sich die Studierenden auf die KI verlassen konnten und ob die Studierenden ein Bewusstsein für die Fähigkeiten der KI entwickeln konnten. Hätte mich an dieser Stelle jemand gefragt, hätte ich die ersten beiden Fragen verneint.
Spoiler: ich lag falsch mit meinen Annahmen.
Die Studierenden beschrieben ein Wir-Gefühl und sie waren froh, die KI als Teammitglied benennen zu können. Sie konnten sich sowohl auf sie/deren Ergebnisse verlassen als auch ihnen Namen zuweisen. Die Teams kommunizierten ihre Schwächen an die KI und forderten an den entsprechenden Stellen Hilfe ein. Sie befragten KI zum Beispiel zur genaueren Zielformulierung oder der Teamentwicklung. Gleichzeitig konnte Prof. Dr. Siemon in den Antworten der Studierenden aber auch die Phänomene der skill erosion und des social loafing identifizieren. Das erste bedeutet, dass Menschen die Fähigkeiten verlernen, die durch andere Systeme, Techniken und Maschinen (hier KI) ausgefüllt werden. Bei social loafing ziehen sich einige Teammitglieder aus der Zusammenarbeit zurück, sobald eine bestimmte Gruppengröße erreicht ist. Dabei sinkt das Engagement durch die Erwartung an die gute/ausreichende Performance der anderen Teammitglieder (hier auch die generative KI). Ein weiterer Begriff in diesem Zusammenhang ist ReplicaAI- Compainonship, das auf die Vermenschlichung der KI fokussiert. Ein Zeichen dafür sieht Prof. Dr. Siemon in der Namensgebung als Teammitglied.
Zusammenfassend folgt aus den Ergebnissen, dass
Es wäre an dieser Stelle alles wunderbar, wären da nicht die gleichzeitigen Herausforderungen, wie die zukünftige (auch technische) Entwicklung, aber auch der Verweis zum social loafing und skill erosion. Hier ist es wichtig, dass sich die Studierenden (und alle anderen Menschen in der Zusammenarbeit mit generativer KI) bewusst sind, dass gleichzeitig der Verlust eigener Fähigkeiten damit einhergehen kann und die individuelle Aktivität und Beteiligung in den Gruppenarbeiten stabil hoch bleiben sollte.
Mein Learning: der Einsatz von generativer KI im Rahmen von Gruppenarbeiten führt sowohl zur Unterstützung der gruppendynamischen Prozesse als auch zur inhaltlichen Zielerreichung. Obwohl die Tools generisch für den inhaltlichen Bereich vorgesehen sind, haben sie nach den Erfahrungen von Prof. Dr. Siemon auch deutlichen Einfluss auf die Zusammenarbeit und die Selbstwirksamkeitserfahrungen der Studierenden. Durch die Einführung, Anleitung und Begleitung der Studierenden entstand eine Sensibilisierung für Möglichkeiten und Grenzen des Einsatzes der KI-Tools. Weiteres Ergebnis war aber auch, dass sich die Studierenden selbst mit ihren eigenen Fähigkeiten und Grenzen auseinandergesetzt haben und innerhalb der Gruppe mit der KI jeweils die Stärken genutzt und die Herausforderungen gegenseitig abgemildert haben.
Insbesondere die Entwicklung der Gruppendynamik und die kommunikative Interaktion zwischen Studierenden mit der generativen KI hat mich sehr begeistert. Ebenso, dass KI mit dem Zweck der Wissensgenerierung, Codegenerieung und Bildgestaltung gleichzeitig die Studierenden in Selbstreflexionsprozesse bringt, die eigenen Stärken und Schwächen sichtbar macht, sowie die Vorgehensweise der (thematischen) Arbeit beeinflusst. Dass bereits die ersten Interaktionen für kleinere Gruppenarbeiten diesen Effekt erzeugen (können), habe ich nicht erwartet. Interessant wird in diesem Bereich sein, wie die kollaborativen Prozesse in studentischen Gruppen auch explizit mit Impulsen aus der generativen KI unterstützt werden können.
Zur Aufzeichnung: https://baukastenlehre-tubs.de/aufzeichnung/zusammenarbeit-mit-ki-wie-hybride-intelligenz-funktionieren-kann/
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